Sie hatten sich ein eiskaltes Motto ausgedacht – und das Publikum damit zum Glühen gebracht: Die Narren des Lenzener Carnevalsclubs LCC starteten am Sonnabend in die fünfte Jahreszeit. Dafür hatten sie Eisschollen und Gletscher an die Elbe geholt und für Polarlichter gesorgt. Das Showprogramm war zum Dahinschmelzen.
Lenzen. Aufmerksame Beobachter ahnten es schon vorher. An der Decke des voll besetzten Saales des Lenzener Schützenhauses schwebten unzählige Pinguine. Und wer zur Bar schlenderte, kam diesmal „Zum Eiszapfen“. So heißt das Motto des Lenzener Karnevalstreibens in diesem Jahr auch: „Der LCC eiskalt“. Es startete am Sonnabend um Punkt 19.30 Uhr mit lasergesteuerten Polarlichtern, bei denen einem schon beim Zuschauen die Kälteschauer über den Körper rannten.
Ein großes Boot war da zu sehen, das sich durch Gletscher und Packeis, umgeben von Polargetier und verschneiten Bäumen, Bahn bricht. Und passend dazu nahm darin auch das Prinzenpaar, das direkt aus einem Eispalast zu kommen schien, Platz: die aus Wootz gebürtige Dajana Finck und dazu ihr Prinz Martin Wohlgemuth, mit dem die hübsche Prinzessin seit anderthalb Jahren zusammen in Grabow lebt.
Doch der Kälteschock währte nur kurz, denn die Prinzengarde brachte mit ihrem temperamentvollen Paradetanz die letzten Eisschollen zum Schmelzen. Und dem standen die weiteren Showtänze der stets in glitzerndem Schneeweiß gekleideten Funkengarde und der „Night Pearls“ in nichts nach. Sollte irgendwo noch ein eisiger Splitter liegengeblieben sein – die Karnevalssänger brachten mit ihren Stimmungsrunden das Publikum zum Kochen – paradoxerweise gerade mit Dschingis Khans oft tief verschneitem und frostigem „Moskau“. Dazu gab es dann auch noch Feuriges: Gleich vier Mal donnerte die „Stimmungskanone“ geräuschvoll Konfettiregen ins ausgelassen feiernde Publikum.
Und wen wunderte es: Auch die Büttenredner schienen aus der Kälte zu kommen, aber gerade wohl deswegen standen „Essen und Trinken“ im Mittelpunkt ihrer Betrachtungen. Nachdem die scharfzüngige „Tante Anna“ schon mal etliche Brezeln unter die Zuschauer geworfen hatte, kamen Ingolf Drescher und „Rudi Rumpel“ alias Gerd Lukoschat, der sogar eingangs Eislutscher ans „Volk“ verteilt hatte, als Eisverkäufer daher, um über die Ereignisse in der großen und kleinen Welt zu reden.
Matthias Temmler zeigte sich dagegen als ausgefuchster „Ernährungsexperte“, der gegen „Salamisten“ und „Vegeterroristen“ wetterte und sich zuletzt als „Second-Hand-Vegetarier“ bekannte: „Du frisst Gras und ich fress’ Kuh!“ Und überhaupt: „Der perfekte Körper ist die Kugel!“ Ganz zuletzt gab es noch etwas zum Nachdenken auf den Weg: „Wenn wir keine Mitternachtssnacks essen dürfen – warum gibt es dann nachts im Kühlschrank Licht?“
Die genüsslich gezeigte Parodie eroberte sich diesmal den Platz zur Lachnummer eins. „Frau Holle“ alias Daniela Wagner mauserte sich alsbald „durch den Klimawandel von der ollen Holle zur flotten Biene“, um endlich wieder einen „richtigen Mann“ abzukriegen. Da blieben „die Vollpfosten“ von Stadt und Amtsverwaltung, die zur Freude des Publikums sogar leibhaftig erschienen, bald auf der Strecke, und „das Rennen“ machte zuletzt – wer hätte es auch sonst sein können – der dicke Schneemann alias Ralf Behrens.
Bevor dann die Rostocker Band „Papermoon“ bis in den frühen Morgen hinein die Stimmung weiter anheizte, gab Bandgitarrist Gunnar Günther – auch bekannt als „Günni vom Lenzener Finanzamt“ – noch etliche mit und ohne Viagra-Konsum gehabte familiäre Erlebnisse preis, so dass sich zuletzt die Lenzener Eishöhle wirklich in einen Feuertempel verwandelte.
Von Kerstin Beck, Märkische Allgemeine, 11.01.2016